Dieser Artikel baut auf dem Artikel Projektbeschickung – Teil 1 auf. Auch wenn die Serie dieser Artikel einen starken maritimen Bezug aufweist, steht in diesem Blog nicht das nasse Element im Vordergrund. Vielmehr nutze ich gerne Analogien die mir passend erscheinen um Kernaussagen zu transportieren.
Dieser Artikel bezieht sich auf die Herausforderung, dass Ziele häufig nicht auf dem direkten Weg erreichbar sind.
Die Beschickung, siehe Projektbeschickung – Teil 1, ist nur eines von mehreren Instrumenten, welche zum Erfolg führen. Am Anfang steht das Anliegen, einen bestimmten Zielhafen zu erreichen. Das Wetter hat, gerade beim Segeln, einen essentiellen Stellenwert. So ist es durchaus möglich, dass der Wind an dem Tag, an dem die Reise gestartet wird, direkt aus der Richtung des Zielhafens weht. In diesem Fall muss abgewogen werden, was erreicht werden soll. Der Zielhafen oder ein alternatives Ziel.
Aus England stammt das alte Sprichwort, „nur Regattafahrer und Idioten gehen gegen an“. Ich habe diese Weisheit schon einige Male erfahren dürfen. Im Klartext bedeutet das, wenn ich einen Kurs erzwingen will, verbrauche ich viele Ressourcen (Kraftstoff, Verschleiß der Segel, mentale und physische Kraft) und erreiche u. U. doch nicht mein Ziel. Wesentlich geschickter und wirtschaftlicher ist es, mein Ziel, meinen Zeitplan oder meine Ressourcen anzupassen.
Alternatives Ziel: Ich suche mir ein alternatives Ziel, welches unter den gegebenen Windverhältnissen erreichbar ist. Beim Segeln ist oft der Weg das Ziel, allerdings führen wir nicht unbedingt Projekte um der Projekte willen durch, somit scheidet diese Alternative aus. Es ist ehrer unwahrscheinlich, dass ein Fachbereich, der ein neues Buchführungsmodul benötigt, sich auf die Einführung eines neuen Moduls zur Lagerverwaltung einlässt.
Umweg über alternatives Ziel: Eine Abwandlung hingegen kommt sehr wohl in Betracht. Das gezwungene Interimsziel kann als Zwischenschritt in die richtige Richtung betrachtet werden. So kann es sein, dass das Teilziel im ersten Schritt nicht 100% der Zielerreichung entspricht, es aber einen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Am nächsten Tag kann häufig der Zielhafen direkt angelaufen werden.
Es wäre denkbar, das die Ressourcen für die Einführung eines Buchführungsmodules erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehe. In diesem Fall könnte es durchaus sinnvoll sein, dass die Schulung der Key-User, die am Ende des Projektes anfällt, vorgezogen wird. Ein möglicher Nutzen bestünde sogar darin, dass das neu gewonnene Wissen der Key-User maßgeblich dazu beiträgt, die Einführung zu beschleunigen und den Zeitverlust des vorherigen Umweges reduziert.
Warten auf das Wetterfenster: Da sich die Gegebenheiten ändern, kann es eine sinnvolle Alternative sein, den Start zu verschieben, bis der Wind sich soweit gedreht hat, dass das angepeilte Ziel mit Leichtigkeit zu erreichen ist. In diesem Fall hilft das Wetter sogar. Da das Wetter etwas einfacher vorhersagbar ist, als die komplexen wirtschaftlichen Gegebenheiten über einen längeren Zeitraum, stelle ich mir die Argumentation gegenüber den Stakeholdern nicht so einfach vor. Es ist demnach unwahrscheinlich, dass z. B. das gesamte Team abwartet, bis besseres Projektwetter vorherrscht.
Anpassung der Ressourcen: Generell verhält es sich so, dass mit steigender Größe eines Schiffes die Seetüchtigkeit zunimmt. Ist die Besatzung eingespielt und erfahren, verschieben sich die Grenzen weiter nach oben. Übertragen auf das Projektmanagement bedeutet dieses, dass durch die Veränderung der Ressourcen die Wahrseinlichkeit steigt, das angestrebte Ziel zu erreichen.

Die Kernaussage dieses Artikel besteht darin, dass die Zielerreichung immer einen Kompromiss darstellt. Das magische Dreieck stellt die konkurrierenden Bedingungen recht gut dar. In der Vergangenheit habe ich es häufiger erlebt, dass es dem ein oder anderen Entschiedungsträger schwer fällt, diese Realität zu akzeptieren. Aussagen wie: “Der Projektplan ist ja ganz gut aber ich habe eine Bitte: Werden Sie einen Monat früher fertig!”, sind eine deutliche Aussage. Dann liegt es an dem Projektmanager die richtigen Worte und Methoden zu finden, um den optimalen Mix zu erreichen. Das Naturgesetzt der konkurrierenden Ziele gilt beim Segeln gleichermassen wie auch beim Projektmanagement.