Drei Wegbereiter für den Projekterfolg
Die für Sie wichtigsten Wegbereiter für den Projekterfolg kenne ich noch nicht. Drei für mich sehr wichtige Wegbereiter, die in meinem Einflussbereich stehen, spreche ich in diesem Beitrag an. Vielleicht haben Sie andere Erfahrungen getätigt oder einen anderen Schwerpunkt. Auf den Austausch mit Ihnen freue ich mich.
Mittels drei Begebenheiten, erläutere ich Ihnen drei für mich wichtige Wegbereiter zur Reduzierung der Wahrscheinlichkeit des Misserfolges von IT-Projekten.
1. Der Mix macht’s – ein kompetenter und souveräner Projektleiter
Bisher habe ich es in Großprojekten noch nicht erlebt, dass ein Vorgehensmodell wie im Lehrbuch beschrieben umgesetzt wird. Da ich mich sowohl für das klassische Projektmanagement wie auch für das agile Vorgehen interessiere, besitze ich eine recht große Bandbreite an Artefakten. Aus meiner Sicht muss der Projektmanager einen prall gefüllten Werkzeugkoffer habe und die darin enthaltenen Werkzeuge situativ einzusetzten wissen. Ein Auto repariere ich auch nicht nur mit einem Hammer, auch wenn mir maches Mal danach zu Mute war.
In der Position eines Teilprojektleiters stand ich vor folgender Herausforderung. In einer Unternehmung wurde eine neue Software einfeführt. Das Projekt war klassisch organisiert. Das Unternehmen bestand im Kern aus einem Servicecenter (Callcenter) und einem sehr konservativen Haupthaus. Die Veränderungen betrafen das gesamte Unternehmen. Die unterschiedlichen Bereiche, die nicht unterschiedlicher hätten sein können, waren für den Projekterfolg voneinander abhängig. Für gewöhnlich spielten die Parteien leidenschaftlich gegeneinander.
In diesem Umfeld führte ich das Scrum-Artefakt “Stand-up meeting” ein und passte die Regeln der Situation an.
1. Das Meeting wurde im Stehen abgehalten (Die Teilnehmer fassen sich dann kurz).
2. Auch wenn 15 Personen an dem Meeting regelmäßig teilnahmen, begrenzte ich die Zeit auf 30 Minuten (Die wir fast immer eingehalten haben).
3. Wegen der Größe des Teilprojektes und der räumlichen Distanz fand das Meeting 1 x wöchentlich statt (Das war in diesem Fall absolut ausreichend).
4. Jede Person musste 3 Fragen beantwortet.
– Was habe ich seit dem letzten Meeting geschafft, von dem, was ich mir vorgenommen hatte.
– Was plane ich bis zum nächsten Mal zu schaffen.
– Was hindert mich an meiner Arbeit und welche Unterstützung benötige ich.
Die ersten beiden Fragen sogten für Transparenz, verhinderten Doppeltarbeit und schärften die Schnittstellen der Mitarbeiter untereinander. Wegen der kurzen Zeitspanne waren die Kollegen gezwungen ausserhalb des Meetings zu kommunizieren. Das bewirkte schon nach einer recht kurzen Zeit, dass die sehr unterschiedlichen Kollegen zusammenarbeiteten und “zusammenwuchsen”. Vorurteile wurden auf beiden Seiten abgebaut.
Die letzte Frage war die mit Abstand für mich die wichtigste Frage. Kommunizierte ein Team ein Hindernis, beseitigte ich dieses. Auf diese Weise habe ich ein produktives Umfeld geschaffen und erhalten.
Selbstverständlich funktioniert dieses Vorgehen nicht in jedem Projekt. Hier muss der Projektleiter ein entsprechendes Gefühl entwickeln. Hätte ich das Wissen um dieses Artefakt und die souveränitat nicht gehabt, vermeindlich unkonventionelle Wege zu beschreiten, wäre mir der Erfolg unter Umständen verwehrt geblieben.
2. Wer schreibt, der bleibt – Ziele definieren und verfolgen
Protokolle, Gesprächsnotizen, Nachfragen evtl. noch Einträge in das Firmenwiki, dafür habe ich keine Zeit!
Meetings und Workshops sind eine hervorragende Sache, so sie denn einigen grundlegenden Regeln folgen. Eine für mich grundlegende Regel ist das Festhalten und das Nachhalten der Ergebnisse.
Ein Projekt, in das ich involviert war, fußte auf einer umfangreichen Spezifikation. Man war sich der Tatsache bewusst, dass die Spezifikation nicht bis in Detail alles regeln konnte. Hierfür hatte man beschlossen, dass in regelmäßigen Abständen Spezifikationsmeetings durchgeführt wurden. Dieses Vorgehen hat sich in diesem Projekt als erfolgreich herauskristallisiert.
Der Projektleitung fiel auf, dass häufig Themen, die bereits erarbeitet waren, erneut diskutiert wurden. Ebenso wurden des Öfteren die gemeinsam vereinbarten Zieldaten von Deadlines einfach vergessen. Es stellte sich heraus, dass die Kommunikation auf der verbalen Ebene sehr gut funktionirte. Die Ergebnisse / Beschlüsse wurden jedoch nicht zentral dokumentiert und verteilt. Ein Nachhalten der Vereinbarungen fand ebenfalls nicht statt. Das führte immer wieder zu erneuten Verzögerungen. Nachdem von der Projektleitung verbindliche Regeln für die Workshops aufgestellt wurden und die Dokumentation aktiv nachgehlaten wurde verbesserte sich die Situation schlagartig. Die Zeit, die in die Aufbereitung der Meetings investiert wurde, rentierte sich recht schnell.
Das Niederschreiben von Informationen und Beschlüssen bietet aus meiner Sicht noch weitere Vorteile:
Das Aufschreiben zwingt die Gruppe dazu, dass sie ihre Gedanken ordnet. Logische Brüche fallen auf und können gleich oder zeitnah geklärt werden. Abgesehen davon ist es für mich immer wieder faszinierend zu sehen, wie sich die Gruppenmitglieder mit den Ergebnissen identifizieren. In diesem Zusammenhang habe ich den angelsächsischen Ausdruck “team-by-in” gelernt.
Ein sehr fortgeschrittener Ansatz, den ich bisher in dieser Form noch nicht umgesetzt habe, ist das konsequente Anlegen und Zuweisen von Aufgaben im Ticketsystem. An dieser Stelle besteht die Gefahr, dass durch die Vielzahl der Tickets die Übersichtlichkeit verloren geht. Ein sehr diszipliniertes Team und gut durchdachte Filter helfen bei der Bewältigung der Komplexität. Eine durchdachte Strategie ist an dieser Stelle unerlässlich.
Der Garant für den Erfolg dieses Wegbereiters ist die Konsequenz der Projektleitung mit der sie sicherstellt, dass die Informationen niedergeschrieben und die Aufgaben tatsächlich nachgehalten werden.
3. Wo gehobelt wird, da fallen Späne – Offen Kommunikation und Fehlerkultur
In einem Gespräch mit einem Projektmitarbeiter offerierte dieser mir, dass im Projekt eine Null-Fehlertoleranz herrsche. Dieses gelte für das Produkt wie auch für die Erfassung von Tickets während der Testphase. Jeder Eintrag/Kommentar im Tickettool könne nachverfolgt werden. Fehlerhaft erfasste Tickets oder fehlerhafte Äußerungen seien auch in Zukunft zu jeder Zeit einsehbar. Dem Erfasser wäre ein fehlerhafter Eintrag nicht nur peinlich.
In diesem konkreten Fall teile ich zu 100% das Ziel einer hohen Testabdeckung und dem anvisierten Ergebnis. Die Kultur im Berzug auf die Null-Fehlertoleranz würde ich anders gestalten.
An dieser Stelle beziehe ich mich ebenfalls wieder auf ein Projekt aus meiner Vergangenheit. In der Position des Teilprojektleiters war ich u. a. verantwortlich für die Qualität der Software, die im Teilprojekt erstellt wurde, und deren Schnittstelle zur angrenzenden Software.
Das angrenzende Teilprojekt und meines entwickelten gegen die Spezifikation, die uns zur Verfügung gestellt wurde. Die anstehenden Tests fokussierten im ersten Schritt die Qualität der jeweiligen Komponenten. In einigen Stichproben wurde punktuell die generelle Interaktion der Komponenten getestet. Kurz vor der Livestellung erfolgten mit etwas Verspätung die Schnittstellentests. Diese zeigten auf, das in einem essentiellen Bereich gegen unterschiedliche Spezifikationen entwickelt wurde. Der Termin für die Livestellung war kommuniziert, die verbleibene Zeit zu knapp.
Ich suchte das direkte Gespräch mit der Entwicklung im angrenzenden Teilprojekt. Wir erarbeiteten kurzerhand eine Interiemslösung die von dem anderen Teilprojekt zeitnah umgesetzt werden sollte. Auf meiner Seite war eine Umsetzung aus unterschidelichen Gründen nicht möglich.
Im zweiten Shritt traf ich mich mit den Teilprojektleiter des angrenzenden Projektes (ein vorheriger Austausch war nicht möglich). Ich erörterte ihm die Situation, bedankte mich für den Vorschlag seines Entwicklers und bat ihm, mir zu helfen und der Umsetzung im Sinne des Projektes zuzustimmen. Er gab seinem Entwickler grünes Licht.
In dem für den Nachmittag angesetzten C-Level-Meeting konnten wir bereits den Lösungsansatz gemeinsam präsentieren und den Punkt der Verschiebung der Livestellung entschärfen.
Auch wenn es knapp wurde, die Produktivsetzung wurde wie geplant durchgeführt. Bezüglich der zukünfitgen Zusammenarbeit hatte ich einen weiteren Partner auf den ich mich verlassen konnte.
In der nächsten Iteration wurde die Spezifikation angepasst und der Workaround entfernt, so dass wir auch hier wieder “sauber” waren.
Ich denke, dass in dieser Situation die Fehlerkultur das Erfolgskriterium war. Wir verschwendeten keine Zeit mit Fingerpointing sondern konzentrierten uns auf das Ergebnis. Nachdem wir die Situation gemeinsam entschäft hatten, habe ich den Fehler dokumentiert. Mit der Dokumentation verfolgte ich zwei Ziele.
1. Transparenz des Verhaltens der Schnittstelle. Haufig werden solche Workaronds nicht dokumentiert und tragen dazu bei, dass das Verhalten von solchen Schnittstellen unvorhersehbar wird. Dieses geht einher mit sehr hohem Folgeaufwand für zukünftige Entwicklungen.
2. Wird für Workarounds dieser Kategorie ein Ticket erstellt, ist sichergestellt, dass dieser in einer zukünftigen Version wieder beseitigt wird. Zumindeat aber in der Wahrnehmung der Architekten ist.
Mir hat dieser Fehler nicht geschadet. Ich für meinen Teil habe keine Probleme damit auch in Zukunft meinen Namen unter solche Erfolgsstories zu setzten. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Fazit
Im Rahmen dieses Artikels bin ich auf die Studie “Erfolg und Scheitern im Projektmanagement” von der GPM, der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e. V. gestoßen. In dieser Studie werden drei Handlungsfelder genannt, denen ein Unternehmen besondere Beachtung schenken sollte.
- Starker und in die Organisation integrierte Projektleiter
- Klare Ziele
- Gute Kommunikation
Aus meiner Sicht passen die in diesem diesem Artikel skizzierten Wegbereiter sehr gut in die Handlungsfelder der Studie.
Nur ein gut ausgebildeter, starker und in der Organisation integrierter Projektleiter kann sich seinem Methodenmix und dem Rückhalt in der Organisation sicher sein.
Ebenso zeigt der Wegbereiter “Wer schreibt, der bleibt – Ziele definieren und verfolgen” klar auf, dass nicht nur die Ziele definert, sondern auch schriftlich fixiert und nachgehalten werden müssen.
Nummer 3 ist ein Beispiel, dass in doppelter hinsicht zeigt, wie wichtig die gute Kommunikation ist. Wäre während der Entwicklungsphase von beiden Seiten gezielter kommuniziert worden, wäre die Fehlentwicklung gar nicht erst entstanden. Entscheidend aber war die Kommunikation nachdem der Fehler aufgedeckt wurde. Die direkte und offene Kommunikation sowie die Kultur im Unternehmen haben maßgeblich zum Erfolg beigetragen.
An dieser Stelle schliesst sich der Kreis. Alle drei Wegbereiter gehen aus meiner Sicht Hand in Hand ineinander über. Selbstverständlich hängt der Projekterfolg nicht nur an drei Erfolgskriterien. Eine Strategie und ein Plan sind nicht zu verachten. Da Sie aus meiner Sicht selbstvertändliche Bestandteile eines Projektes sind, setze ich diese voraus. Mit Sicherheit existieren noch weitere Erfolgskriterien, die je nach Situation und Gegebeneheiten schwerer oder nicht so schwer wiegen.
Ich für meinen Teil halte stets die Augen offen, suche dem Erfahrungsaustauch und lerne in jedem Projekt etwas Neues.
Friedrich Behnk